Übersicht
- Bienen im Anthropozän - dem Zeitalter des Menschen (06.03.2022)
- Wie unterscheiden sich Winter- und Sommerbienen? (07.01.2022)
- Baum des Lebens (21.12.2021)
Bienen im Anthropozän - dem Zeitalter des Menschen
In einem vor kurzem erschienen in der Zeitschrift Science erschienenen Artikel beschreiben Dave Goulson & Elizabeth Nicholls, Biologen an der University of Sussex, England, wieso die von Menschen veränderte Umwelt für Bienen und Wildbienen so nachteilig ist. Sie zählen fünf wichtige Gruppen von Einflussfaktoren auf.
Zuerst erwähnen Goulson und Nicholls die Zerstückelung der Habitats. Da etwa 4/5 der weltweiten Ackerfläche mit windbestäubtem Getreide wie Weizen, Reis und Mais bepflanzt wird, finden Bienen dort keine Nahrung. Andere Nutzplanzen sowie Obstplantagen sind zwar nahrhaft für Bienen, aber nur über kurze Zeitfenster von etwa drei Wochen. Honigbienen können damit deutlich besser klarkommen als Wildbienen, da sie Vorräte anlegen und in größerer Anzahl solche Tracht nutzen können. Außerdem wird immer mehr Land für Wohnungen, Industrie oder Straßen bebaut oder anderweitig insektenfeindlich genutzt (Golfplätze z.B.). Für Wildbienen mit ihrem z.T. sehr kleinen Flugradius kann schon der Bau einer Straße fatal sein.
Agrochemikalien sind inzwischen weitverbreitet und werden von den Bienen direkt auf behandelten Nutzplanzen, auf kontaminerten Wildblumen und Bäumen am Feldrand sowie über verseuchtes Wasser aufgenommen. Viele dieser Chemikalien wie z.B. Neonicotinoide wurden schon im Honig nachgewiesen. Auch im sublethalen Bereich, also unterhalb der zum Tod führenden Konzentration, beeinflussen Agrochemikalien die Bienen, beispielsweise durch eine Beeinträchtigung ihres Navigationssinne, ihres Lernverhaltens oder ihres Darms. Solche Nebenwirkungen werden üblicherweise bei der Zulassung von Agrochemikalien nicht bemerkt, da dafür nur geschaut wird, ob ein Stoff in kurzer Zeit zum Tod von Insekten führt.
Schadstoffe sind ein weiterer Aspekt, der es den Bienen schwer mache. Dabei nennen die Autoren sowohl Stoffe, die den Geruchssinn stören, wie solche, die die Navigation und die Flugmöglichkeiten beeinträchtigen. Auch führen manche Schadstoffe dazu, dass Bienen jünger anfangen zu sammeln.
Auch die Klimaerwärmung wirkt sich auch auf die Bienen aus, teilweise auch indirekt, da höherer CO2-Gehalt und höhere Temperaturen die Nektar- und Pollenproduktion beeinflussen.
Ein letzter Aspekt, den die Autoren hervorheben, ist das Transportieren von Honigbienen quer durch die Welt. In Kombination mit hoher Bienendichte führt das zu einer raschen Übertragung von Krankheiten, z.B. durch Übertragung von Erregern von einer Biene auf die andere an gemeinsam beflogene Blüten.
Sehr wenig ist noch bekannt, wie sich die Kombination unterschiedlicher Stresse auf Bienen auswirken. Aber bei der Vielzahl an zugelassenen Chemikalien lässt sich dies auch kaum stemmen.
Was können wir (Imker) tun? In Städten scheint es Bienen besser zu gehen, da dort weniger Pestizide eingesetzt und das Nahrungsangebot vielfältiger sei. Eine zu hohe Dichte an Bienen führe aber nicht nur dazu, dass Wildbienen verdrängt werden, sondern auch zu einer verstärkten Ausbreitung von Krankheiten, die z.T. dann an Blüten von einer Biene an die nächste (von einem anderen Stock) übergegen werden. Auf dem Land sei wohl eine Umstellung der Landwirtschaft hinzu regenerative Anbaumethoden mit einer höheren Vielfalt an Nutzpflanzen notwendig, um Wildbienen nachhaltig zu förden.
Referenzen
- Dave Goulson & Elizabeth Nicholls (2022) „Anthropogenic influences on bee foraging“, Science 375(6584) 970–972, 3. März 2022, DOI: 1126/science.abn0185.
Monica Schliemann-Bulliner & Eric Bullinger 06.03.2022
Wie unterscheiden sich Winter- und Sommerbienen?
Winterverlusten vorbeugen durch gesunde Winterbienen
Monica Schliemann-Bullinger & Eric Bullinger
07.01.2022
Alle Arbeiterinnen eines Bienenstocks haben dieselben Gene (50% von der Königin, ihrer Mutter, 50% von ihrem Vater, einem Drohn). Genau genommen gibt es ca. 10-20 Väter, da Königinnen (zumeist) von mehreren Drohnen begattet wurden. Aber es gibt keine jahreszeitliche Schwankung im Genom.
Was sich je nach Jahreszeit ändert, ist, welche Gene wann und wie stark transkribiert werden. Transkription ist der hoch regulierte Prozess, in dem einzelne Gene ausgelesen und aus dieser Information die entsprechenden Proteine hergestellt werden.
Bresnahan und Kollegen [1] haben die Proteinkonzentrationen im Fettkörper und in der Flugmuskulator von Winterbienen, sowie von Ammen und Flugbienen im Sommer, also mit jungen bzw. alten Sommerbienen. Dabei fanden sie heraus, dass der Fettkörper von Winterbienen dem der Ammen, während die Flugmuskeln von Winterbienen vom Proteingehalt dem der Flugbienen ähnelten. Dies macht insofern Sinn, als dass die Winterbienen sich einerseits als Ammenbienen betätigen, um die Brut im Herbst wie auch im Vorfrühling zu pflegen. Andererseits betätigen sie sich auch als Heizerbienen, wofür sie insbesondere ihre Flugmuskulatur einsetzen.
Auch Dainat und Kollegen [3] hatten festgestellt, dass die Expressionsniveau des Gens vitellogenin, das ein Dotterprotein kodiert, sich in der Bienenpopoulation unterscheidet, siehe auch eine deutsche Zusammenfassung [5]. Vitellogenin wird im Fettkörper exprimiert und beeinflusst im Zusammenspiel mit dem Protein Juvenil das Verhalten der Bienen. Junge Bienen haben ein hohes Expressionsniveau an Juvenil und ein niedriges an Vittelogenin, wodurch sie sich der Brutpflege widmen. Nach drei Wochen sind die Niveaus entgegengesetzt und die Bienen werden zu Sammlerinnen, bei sehr hohem Niveau an Vitellogenin sammeln sie Pollen, bei hohem Nektar [4]. Interessant ist, dass ein hohes Expressionsniveau von vitellogenin im Herbst nur bei Bienen gefunden wurde, die dann erfolgreich überwinterten [6].
Was bedeutet dies für die Imkerinnen und Imker? Auf den ersten Blick scheint die Bedeutung der Winterbienen für die Imkerei gering zu sein, denn sie produzieren kaum Honig oder Wachs. Ihre Aufgabe ist aber trotzdem sehr wichtig, denn sie sorgen dafür, dass ihre Königin gut den Winter übersteht, für Hygiene im Bienenstock während Herbst und Winter, sowie dafür, dass sich im Frühling, sobald die Natur erwacht, das Volk schnell wieder vergrößert.
Wie die Transkriptionsanalyse zeigt, sind Winterbienen besonders gefordert, da sie quasi gleichzeitig Ammen- und Flugbienen sind. Wichtig ist, dass sie schon als Larven gut gepflegt werden und die Belastung durch Viren, Bakterien und Pilze gering ist. Parasitierte Bienen sind nicht nur kurzlebiger, sondern infizieren bei der Brutpflege die Larven, ein Teufelskreis.
Das sind alles Gründe, wieso Behandlung und Fütterung schon im August so wichtig sind, um gesunde Winterbienen zu bekommen und damit die Völker gut durch den Winter kommen [2].
- Bresnahan S. T., Döke M. A., Giray T. & Grozinger Ch. M. (2022) „Tissue-specific transcriptional patterns underlie seasonal phenotypes in honey bees (Apis mellifera)“. Molecular Ecology. 31(1) 174-184. DOI 1111/mec.16220.
- Binder J.(2019) „Gesunde Winterbienen: Pflege im August entscheidet“. Bienenjournal. https://www.bienenjournal.de/imkerpraxis/monatshinweise/gesunde-winterbienen/.
- Dainat B., Evans J. D., Chen Y. P., Gauthier L. & Neumann P. (2012) „Predictive Markers of Honey Bee Colony Collapse”. PLOS ONE 7(2): e32151. DOI 1371/journal.pone.0032151
- Nelson C. M., Ihle K. E., Fondrk M. K., Page R. E. Jr & Amdam G. V. (2007) „The Gene vitellogenin has Multiple Coordinating Effects on Social Organization“. PLOS Biology 5(3): e62. https://doi.org/10.1371/journal.pbio.0050062
- Spektrum.de (2007) „Gen bestimmt den Lebensrhythmus der Honigbiene“. Spektrum.de News vom 07.03.2007. http://www.spektrum.de/news/gen-bestimmt-den-lebensrhythmus-der-honigbiene/867296, (abgerufen am 31.12.2021).
- Steinmann N., Corona M., Neumann P. & Dainat B. (2015) „Overwintering Is Associated with Reduced Expression of Immune Genes and Higher Susceptibility to Virus Infection in Honey Bees”. PLoS One. 2015;10(6):e0129956. DOI: 1371/journal.pone.0129956
Baum des Lebens
Der Baum des Lebens zeigt alle bekannten Spezies, jede als Blatt. Eine eindrucksvolle Visualisierung der Artenentwicklung, also der Evolution. Direkt zu unserer Honigbienen gelangt man mit diesem Link.
Hintergrundinformation zu diesem Projekt findet man auf englisch in der Fachpublikation [1].
[1] 2021). Dynamic visualisation of million-tip trees: The OneZoom project. Methods in Ecology and Evolution, 00, 1– 11. https://doi.org/10.1111/2041-210X.13766
, & (Eric Bullinger, 21.12.2021